Vorschriften für die Absturz­si­cher­ung

Vorschriften für die Verwendung und Ausgestaltung von Absturz­si­cher­ungen

In Deutschland regeln Gesetze, Verordnungen und Normen die Verwendung und Beschaffenheit von Absturz­si­cher­ungen für Steil- und Flachdächer. Dies soll dazu beitragen, schwere Unfälle zu vermeiden. Für Laien ist es oft schwierig, sich in den Weiten dieser Vorschriften zurecht zu finden, da diese teilweise aufeinander aufbauen oder sich gegenseitig ergänzen.

Im Folgenden geben wir Ihnen einen kurzen Überblick über die wichtigsten Verordnungen. Diese sollen den Verantwortlichen dabei unterstützen, die passenden Schutzmaßnahmen auszuwählen.

Das Arbeitsschutzgesetz

In Kürze:

Das ArbSchG schützt Arbeitnehmer am Arbeitsplatz durch Pflichten für Arbeitgeber (z.B. Gefährdungsbeurteilung) und Rechte für Arbeitnehmer (z.B. sicherer Arbeitsplatz).

Ausführlich:

Das Arbeitsschutzgesetz von 1996 trifft mit §3 und §4 Aussagen über die generellen Pflichten des Arbeitgebers (§3) und die allgemeinen Grundsätze (§4) zur Verbesserung der Sicherheit.

So heißt es beispielsweise in §3 Arb.SchG: „Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen“.

In §4 der allgemeinen Grundsätze ist besonders folgender Satz zu beachten: „[…] individuelle Schutzmaßnahmen sind nachrangig zu anderen Maßnahmen […]“. Dadurch wird dem Kollektivschutz eine höhere Bedeutung eingeräumt, als dem Individualschutz.

Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV)

In Kürze:

Die BetrSichV regelt in Deutschland die grundlegenden Anforderungen an die Sicherheit von Arbeitsmitteln, um die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten zu schützen.

Ausführlich:

Die doch sehr allgemeinen Vorschriften des Arbeitsschutzgesetzes werden durch die Vorschriften der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV von 2002) präzisiert.

In Anhang 2, Abschnitt 5 der BetrSichV gibt es unterschiedliche Verweise auf die Verwendung von kollektiven Absturz­si­cher­ungen und Auffangeinrichtungen. Hier wird außerdem die Beschaffenheit von Absturz­si­cher­ungen erläutert: „[…] Erforderlichenfalls ist die Anbringung von Absturz­si­cher­ungen vorzusehen. Diese Vorrichtungen müssen so gestaltet und so beschaffen sein, dass Abstürze verhindert und Verletzungen der Beschäftigten so weit wie möglich vermieden werden. Die kollektiven Absturz­si­cher­ungen dürfen nur an Zugängen zu Leitern oder Treppen unterbrochen werden.“

Technische Regeln für die Betriebssicherheit (TRBS2121/ 2007)

Die technischen Regeln für Betriebssicherheit betonen erneut den Vorrang der Kollektivmaßnahmen gegenüber den Individualmaßnahmen. Sie geben aber zusätzlich auch Hinweise auf die Reihenfolge, nach der die Sicherungsmaßnahmen ausgewählt werden sollen: so haben Absturz­si­cher­ungen Vorrang vor Auffangeinrichtungen, die wiederum Vorrang vor individuellen Schutzmaßnahmen haben.

Weiterführende Informationen finden Sie in unserem Beitrag TRBS 2121: Technische Regeln für Betriebssicherheit.

Arbeitsstättenrichtlinie (ASR A2.1/ 2012)

Die Arbeitsstättenrichtlinie beschäftigt sich eingehend mit der Frage, ab welcher Höhe Maßnahmen zur Absturz­si­cher­ung zu ergreifen sind. So wird beispielsweise festgesetzt, dass bei einer Absturzgefahr ein Geländer montiert werden muss oder Öffnungen in Wand und Boden ausreichend bedeckt werden müssen.

Weiterführende Informationen dazu finden Sie in unserem Beitrag ASR A2.1.

Die Unfallverhütung: Deutsche gesetzliche Unfallversicherung (DGUV)

Konkrete Normen für Absturz­si­cher­ungen finden sich auch noch an weiteren Stellen. So ist beispielsweise die DGUV-Vorschrift 38 ebenfalls sachgemäß und widmet den Absturz­si­cher­ungen in §12 einen eigenen Abschnitt.

§ 12 Absturz­si­cher­ung: Dieser Abschnitt der DGUV-Vorschrift 38 konkretisiert die Anforderungen an Absturz­si­cher­ungen auf Baustellen. Er deckt unter anderem folgende Themen ab:

  • Allgemeine Anforderungen an Absturz­si­cher­ungen
  • Persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz (PSA)
  • Kollektive Schutzmaßnahmen gegen Absturz
  • Besondere Anforderungen an Absturz­si­cher­ungen bei Arbeiten an Dächern

Anhang 3 Absturz­si­cher­ung: Der Anhang 3 der DGUV-Vorschrift 38 enthält ergänzende Informationen und Hinweise zur Absturz­si­cher­ung, z. B. Berechnungsverfahren für Absturz­si­cher­ungen und Auswahlkriterien für PSA gegen Absturz.

 

Weitere relevante Normen

  • DIN EN 13374:2013-03 Persönliche Schutzausrüstung - Absturz­si­cher­ungssysteme - Anforderungen und Prüfverfahren: Diese Norm legt die Anforderungen an PSA gegen Absturz fest, wie z. B. Auffanggurte, Verbindungselemente und Falldämpfer.
  • DIN EN ISO 14122-1:2001-08 Persönliche Schutzausrüstung - Schutzkleidung gegen Absturz und herabfallende Gegenstände - Teil 1: Anforderungen und Prüfverfahren: Diese Norm legt die Anforderungen an Schutzkleidung gegen Absturz und herabfallende Gegenstände fest, wie z. B. Schutzanzüge und Helme.
  • DIN 4426:2008-12 Bauarbeiten - Gerüste - Allgemeine Anforderungen und Prüfverfahren: Diese Norm legt die allgemeinen Anforderungen an Gerüste fest, einschließlich der Anforderungen an die Absturz­si­cher­ung.

 

Wann ist eine Absturz­si­cher­ung gesetzlich vorgeschrieben?

Verschiedene Vorschriften definieren klar, wann Absturzgefahr besteht und welche Schutzmaßnahmen zum Schutz von Leben und Gesundheit der Beschäftigten getroffen werden müssen.

Grundsätzlich gilt:

  • Absturzkanten, die höher als 1 Meter über dem Untergrund liegen, gelten bereits als Gefährdung.
  • Auf Flachdächern sind zusätzliche Sicherungsmaßnahmen erst ab 3 Metern Höhe zwingend erforderlich.

Es gibt jedoch Ausnahmen:

  • Bei kurzen Arbeiten mit geringem Gefährdungspotential kann auf eine Absturz­si­cher­ung verzichtet werden, wenn andere geeignete Schutzmaßnahmen getroffen werden, wie zum Beispiel die Verwendung von persönlicher Schutzausrüstung (PSA).
  • Vorübergehende Arbeiten an Absturzkanten können unter bestimmten Voraussetzungen ohne Absturz­si­cher­ung durchgeführt werden, wenn geeignete Sicherungsmaßnahmen, wie Absperrungen, getroffen werden.

Absturz­si­cher­ungen auf Flachdächern: Das TOP-Prinzip im Einsatz

Bei der Auswahl von Absturz­si­cher­ungen für Flachdächer kommt das TOP-Prinzip zur Anwendung. Es priorisiert technische, organisatorische und personelle Maßnahmen in dieser Reihenfolge:

1. Technische Maßnahmen (T):

  • Primäre Schutzmaßnahme: Bevorzugt sind Absturz­si­cher­ungen in Form von Brüstungen, Umwehrungen oder Geländern. Diese verhindern den Zutritt zum Gefahrenbereich und bieten kollektiven Schutz.

2. Organisatorische Maßnahmen (O):

  • Sekundäre Schutzmaßnahme: Wenn technische Maßnahmen nicht möglich sind, kommen Auffangeinrichtungen wie Schutzgerüste, Schutzwände oder Schutznetze zum Einsatz. Dies ist häufig bei temporären Arbeiten auf dem Dach der Fall.

3. Personenbezogene Maßnahmen (P):

  • Letzte Möglichkeit: Nur wenn weder technische noch organisatorische Maßnahmen umsetzbar sind, ist die persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz (PSAgA) zulässig. Diese muss korrekt angewendet werden, um wirksamen Schutz zu bieten. Regelmäßige Unterweisungen der Mitarbeiter sind unerlässlich.

 

Absturz­si­cher­ung in Deutschland: Wer ist verantwortlich?

Bereits bei der Bauplanung muss die Absturz­si­cher­ung berücksichtigt werden, um Unfälle auf Gebäudedächern zu verhindern. Die Flachdachrichtlinien des Zentralverbands des Deutschen Dachdeckerhandwerks regeln dabei die Verankerung von Absturz­si­cher­ungen. Nach der Arbeitsstättenverordnung und dem Baurecht sind Gebäudebetreiber für die Dachsicherheit verantwortlich, während Arbeitgeber eine sachkundige Person mit der Kontrolle der Absturz­si­cher­ungen beauftragen müssen. Arbeitnehmer sind gemäß §15 ArbSchG und §21 Abs. 1 SGB VII zur Mitwirkung verpflichtet. Bei der Beschäftigung von Fremdfirmen bleibt der beauftragende Arbeitgeber letztverantwortlich für den Unfallschutz seiner Mitarbeiter. Im Privatbereich trägt der Bauherr die Verantwortung. Zusammengefasst liegt die primäre Verantwortung bei Gebäudebetreibern und Arbeitgebern, die Kontrolle wird von sachkundigen Personen durchgeführt, und Arbeitnehmer sowie beauftragende Arbeitgeber und Bauherren im Privatbereich haben spezifische Mitwirkungspflichten.

 

Absturz­si­cher­ung auf Baustellen: Regelmäßige Prüfungen sind Pflicht!

Die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben zur Absturz­si­cher­ung auf Baustellen reicht nicht aus. Um die Sicherheit der Beschäftigten zu gewährleisten, müssen die Absturz­si­cher­ungen regelmäßig geprüft werden. Dazu gehört eine jährliche Prüfpflicht, bei der alle Absturz­si­cher­ungen mindestens einmal pro Jahr gründlich überprüft werden müssen.

Voraussetzungen:

  • Normkonformität: Die eingesetzten Produkte müssen die gesetzlichen Normen erfüllen.
  • Kennzeichnung: Absturz­si­cher­ungen müssen mit folgenden Angaben versehen sein:
    • Prüfstellennummer
    • Produktionsjahr
    • Gültige Seriennummer

Die Kontrollen der Absturz­si­cher­ungen dürfen ausschließlich von sachkundigen Personen durchgeführt werden, was auch externe Dienstleister einschließen kann. Ebenso muss die Montage der Absturz­si­cher­ungen von Fachpersonal vorgenommen werden, um die Sicherheit zu gewährleisten. Darüber hinaus besteht eine Dokumentationspflicht: Alle Prüfungen und Sicherungsmaßnahmen müssen sorgfältig dokumentiert und mit Fotos belegt werden. Diese Dokumentation ist im Falle eines Unfalls ein wichtiger Nachweis, beispielsweise gegenüber der Versicherung.


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